Neue Rege­lun­gen zur Ver­tre­ter­be­stel­lung

Gemäß § 53 BRAO muss eine Rechts­an­wäl­tin oder ein Rechts­an­walt bei Abwe­sen­hei­ten für seine Ver­tre­tung sor­gen. Zum 1.8.2021 sind hier Ände­run­gen in Kraft getre­ten, die wir hier vor­stel­len.

Ent­schei­dend für die Anwen­dung des § 53 BRAO ist, dass der Rechts­an­walt nicht in der Lage ist, sei­nen Beruf aus­zu­üben und ins­be­son­dere den Kon­takt zu sei­nen Man­dan­ten zu hal­ten und oder seine Man­date zu bear­bei­ten. In der heu­ti­gen Zeit der moder­nen elek­tro­ni­schen Kom­mu­ni­ka­tion und dem anwalt­li­chen Arbei­ten von jedem Arbeits­platz aus, geht es also darum, dass die anwalt­li­che Tätig­keit in einem bestimm­ten Zeit­raum nicht mehr aus­ge­übt wer­den kann oder nicht mehr aus­ge­übt wer­den soll. Alleine eine Orts­ab­we­sen­heit von der Kanz­lei bedingt, wenn man ansons­ten erreich­bar ist, nicht einen Fall für die Ver­tre­ter­be­stel­lung.

Bis zum 31.7.2021 konnte eine Rechtsanwältin/Rechtsanwalt einen Ver­tre­ter ohne Ein­schal­tung der Rechts­an­walts­kam­mer nur dann bestel­len, wenn der Ver­tre­ter aus dem glei­chen Kam­mer­be­zirk kam. Diese Beschrän­kung ist auf­ge­ho­ben, jede Rechtsanwältin/jeder Rechts­an­walt kann als Ver­tre­ter bestellt wer­den und zwar vom Rechts­an­walt sel­ber ohne die Ein­schal­tung der Rechts­an­walts­kam­mer. Die Ver­tre­ter­be­stel­lung kann auf Wunsch auch wei­ter­hin in das bun­des­ein­heit­li­che Anwalts­ver­zeich­nis www.rechtsanwaltsregister.org ein­ge­tra­gen wer­den, dies ist aber ab dem 1.8.2021 keine Pflicht mehr und wird von den Kam­mern nicht mehr auto­ma­tisch ein­ge­tra­gen.

Die Befug­nisse des Ver­tre­ters erge­ben sich jetzt aus § 54 Abs.1 BRAO, ihm ste­hen die anwalt­li­chen Befug­nisse des Rechts­an­walts zu, der ver­tre­ten wird. Er wird in eige­ner Ver­ant­wor­tung, jedoch für Rech­nung und auf Kos­ten des Ver­tre­ten­den, tätig. Der Ver­tre­ter erhält also weit­ge­hende Befug­nisse.

Sinn­voll ist es daher für jede Rechtsanwältin/Rechtsanwalt, sich Gedan­ken dar­über zu machen, wer die Ver­tre­tung über­nimmt. In Sozie­tä­ten und Büro­ge­mein­schaf­ten bie­tet sich selbst­ver­ständ­lich an, dass dies die Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen über­neh­men, bei Ein­zel­an­wäl­ten ist jedoch zu beach­ten, dass es bei dem Ver­tre­ter zu kei­nen Inter­es­sen­kol­li­sio­nen (gegen­sei­tige Man­date an einem klei­nen Ort) kom­men darf. Das glei­che gilt auch für Syn­di­kus­rechts­an­wälte, auch sie müs­sen für eine Ver­tre­tung sor­gen.

Zugang zum beA muss ermög­licht wer­den

Eine neue Berufs­pflicht ist aller­dings in § 54 Abs. 2 BRAO hin­zu­ge­kom­men. Der Ver­tre­tene muss der von ihm selbst bestell­ten Ver­tre­tung einen Zugang zu sei­nem beson­de­ren elek­tro­ni­schen Anwalts­post­fach (beA) ein­räu­men. Dies ist eine Pflicht, bei deren Ver­let­zung ein Berufs­rechts­ver­stoß began­gen wird, der aber auch haf­tungs­recht­li­che Fol­gen nach sich zie­hen kann. Die Ver­tre­tung muss dabei zumin­des­tens befugt sein, Post­ein­gänge zur Kennt­nis zu neh­men und elek­tro­ni­sche Emp­fangs­be­kennt­nisse abzu­ge­ben. Dies ist der Kern­in­halt der Ver­tre­tungs­tä­tig­keit.

In der Pra­xis wird sich aller­dings anbie­ten, dem Ver­tre­ter zu gestat­ten, vom Post­fach des Ver­tre­ten­den aus zum Bei­spiel Schrift­sätze zu ver­sen­den.

Dies wird beson­ders auch im Hin­blick dar­auf wich­tig, dass vom 1. 1. 2022 an bun­des­weit (in Bre­men und Schles­wig-Hol­stein gilt dies bereits jetzt weit­ge­hend) die aktive Nut­zungs­pflicht des beA besteht, also Schrift­stü­cke nur noch auf elek­tro­ni­schem Wege an die Gerichte ver­sandt wer­den kön­nen.

Daher muss sich jeder Rechts­an­walt ein­mal mit der soge­nann­ten „Benut­zer­ver­wal­tung“ in sei­nem beson­de­ren elek­tro­ni­schen Anwalts­post­fach befas­sen. In der Benut­zer­ver­wal­tung kann der Ver­tre­tene dem Ver­tre­ter, soweit er ein beson­de­res elek­tro­ni­sches Anwalts­post­fach hat, also Rechts­an­walt ist, Rechte zuwei­sen und muss dies gem. § 54 Abs. 2 BRAO auch tun. Mit die­ser Ein­räu­mung von Rech­ten kann der Ver­tre­ter die Nach­rich­ten­über­sicht öff­nen. Dabei darf man sich, wor­auf die Bun­des­rechts­an­walts­kam­mer hin­weist, von dem Begriff „Mit­ar­bei­ter“ für den Ver­tre­ter nicht ver­wir­ren las­sen, denn die­ser Begriff umfasst auch Rechts­an­wälte. Dann ist es mög­lich, wei­tere Rechte ein­zu­räu­men. Wel­che Mög­lich­kei­ten es gibt, ist in der ent­spre­chen­den Maske in der Benut­zer­ver­wal­tung vor­ge­ge­ben. Es muss auch ein so genann­ter Sicher­heits-Token für den Ver­tre­ter frei­ge­schal­tet wer­den.

Sinn­voll kann es in der Pra­xis sein, zumin­des­tens die Funk­tio­nen Nach­rich­ten ver­sen­den, Nach­richt öff­nen, Emp­fangs­be­kennt­nis signie­ren, ver­sen­den und zurück­wei­sen dem Ver­tre­ter ein­zu­räu­men. Ob hier auch noch wei­ter­ge­hende Rechte ver­ge­ben wer­den, muss jeder Rechts­an­walt für sich sel­ber ent­schei­den.

Noch kein siche­rer Über­mitt­lungs­weg beim Nach­rich­ten­ver­sand durch Ver­tre­tung

Da der Gesetz­ge­ber der Bun­des­rechts­an­walts­kam­mer als Betrei­ber des beson­de­ren elek­tro­ni­schen Anwalts­post­fa­ches keine Über­gangs­frist ein­ge­räumt hat, inner­halb derer die Geset­zes­än­de­rung im beA-Sys­tem tech­nisch umge­setzt wer­den kann, ist es der­zeit für die Ver­tre­tung noch nicht mög­lich, die Schrift­form durch Über­mitt­lung einer Nach­richt aus dem Post­fach des ver­tre­ten­den auf einem siche­ren Über­tra­gungs­wege zu erset­zen.

Für alle Erklä­run­gen, ins­be­son­dere auch Emp­fangs­be­kennt­nisse, die der Schrift­form unter­lie­gen, ist somit bis auf wei­te­res die qua­li­fi­zierte elek­tro­ni­sche Signa­tur der Ver­tre­tung erfor­der­lich, wenn Sie die Nach­richt aus dem Post­fach des Ver­tre­ten­den ver­sen­den. Diese qua­li­fi­zierte elek­tro­ni­sche Signa­tur muss der Ver­tre­ter inne­ha­ben, sonst bestehen hier Pro­bleme. Die Bun­des­rechts­an­walts­kam­mer arbei­tet daran, mög­lichst rasch den siche­ren Über­mitt­lungs­weg zu ermög­li­chen und wird dar­über auch ent­spre­chend unter­rich­ten.